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Alles besser mit dem Bürgergeld?

Conni Möhring zum neuen Hartz IV

Das Abgeordnetenwort in den Zeitungen des Beig-Verlags (Pinneberger Tageblatt & Co)

Es ist nichts Neues, dass wohlklingende Begriffe harte Maßnahmen verschleiern. Eine der miesesten Erfindungen von Rot-Grün war der „aktivierende Sozialstaat“: Wer nicht liefert, wird bestraft. Wer sich fügt, wird mit Almosen belohnt, soll dabei aber bitte demütig sein. Das Kernstück dieser Politik: Hartz IV. Ob das nun angekündigte Bürgergeld der Ampel-Koalition mehr als eine Umbenennung von Hartz IV ist, muss sich zeigen.

Den ersten Lackmustest, wie ernst es die Ampel-Fraktionen mit der angekündigten Achtung der Würde meinen, haben die Koalitionäre schon mal nicht bestanden. Der von der Linksfraktion geforderte Inflationsausgleich der Hartz IV-Regelsätze zum 1. Januar wurde abgelehnt. Im November hat die Inflationsrate die Fünf-Prozent-Hürde geknackt.

Der Regelsatz soll nun wie geplant lediglich um lächerliche drei Euro erhöht werden. Das lässt tief blicken, denn hier geht es noch nicht einmal um eine Aufstockung der Regelsätze, sondern einzig und allein um die Absicherung dessen, was es zum Leben braucht. Angesichts der enorm gestiegenen Preise von Lebensmitteln, Strom und anderen wichtigen Verbrauchsgütern reicht der Hartz IV-Satz hinten und vorne nicht.

In der Theorie sollen die Hartz IV-Sätze das Nötigste abdecken wie Essen, Trinken, Kleidung, aber auch ein Mindestmaß an gesellschaftlicher Teilhabe. In der Praxis gibt es aktuell 446 Euro. Man muss kein Mathegenie sein, um zu wissen, dass das zu wenig ist. Hier hat sich niemand verrechnet. Im Gegenteil, so ist es gewollt: Alle bisherigen Bundesregierungen haben viel Energie in das Kleinrechnen des sogenannten soziokulturellen Existenzminimums gesteckt, das die Grundlage für die Sätze ist. Sauber gerechnet wäre man bei 658 Euro plus Stromkosten.

Solange es keine deutliche Erhöhung gibt, bleibt Hartz IV Armut per Gesetz – auch dann noch, wenn es fortan Bürgergeld heißt. Im Koalitionsvertrag steht dazu: nichts!

Und zu einem weiteren Knackpunkt bleibt der Koalitionsvertrag vage: Die Abschaffung der Sanktionen im Hartz IV-System. Das Ende dieser entwürdigenden Praxis haben SPD und Grüne versprochen. Nun halten sie sich alles offen.

Klar ist: Damit das Bürgergeld mehr wird als eine Umbenennung von Hartz IV braucht es Druck von links, Druck aus der Gesellschaft. Und dass Druck wirkt, zeigt bei allen Mängeln und Unklarheiten eben auch eine Namensänderung. Weil allen klar ist, dass Hartz IV nicht länger haltbar ist.