Das Band von Würde und Achtung
Welche Bedürfnisse und Wünsche, welche Interessen oder Begierden, welche Abhängigkeiten oder Wertekataloge Menschen antreiben, dieses zu tun oder jenes nicht zu tun, ist sehr verschieden. So unterschiedlich, wie Lebenswege verlaufen, können auch Ansichten grundverschieden sein. Neue, komplizierte Geflechte können fremd wirken und man verliert schnell mal den Überblick.
Die elementaren Grundbedürfnisse hingegen sind oft nicht so verschieden. Menschen wollen essen, sie brauchen Wärme und Licht, Sicherheit und Mittel der Grundversorgung, die sich in Ursache und Wirkung bzw. bei der Herstellung und dem Nutzen nicht groß unterscheiden. Und doch gelingt es zumindest manchen von uns, diese Grundsätze sehr konsequent zu übersehen oder auszublenden.
Ihnen sind einige wenige Menschen bedeutend wichtiger als andere. Bei schwindendem Bezug schwinden auch das Mitgefühl und die Achtung vor der Würde anderer. Ebenso ist es mit den Tieren. Wo das eigene Haustier fast Familienstatus genießt, ist das Band zur Achtung vor der Würde von Tieren, die allesamt fühlende Wesen sind wie wir selbst, bei vielen Menschen gerissen.
Wo es um so mehr gilt, milde und gewaltfrei zu agieren, schleicht sich eine wachsende Verrohung durch die Bevölkerung und vergiftet die Gedanken mancher, denen Mitgefühl und Achtsamkeit mal von Zuhause mitgegeben worden sind. Spitzt sich diese Entwicklung weiter zu, zu welcher Form von Gesellschaft wird das führen? Wie viel Plumpheit und Geringschätzigkeit sind zu ertragen?
Manchmal geht die Kunst der gesellschaftlichen Entwicklung voraus, hat mal jemand gesagt. Wäre es wie in dem Spielfilm „Free Rainer“ mit Moritz Bleibtreu in der Hauptrolle, kann man nur darauf hoffen, dass der Impuls, die Bildung in ihren vielfältigen Formen und die Gemeinschaft in Gesellschaft von anderen Menschen Themen wie Online-Gaming bald wieder den Rang abläuft.
Dass die Berieselung auf geringem Niveau durch einschlägige TV-Formate nicht gerade klüger macht, würde die eine oder der andere auf diesem Wege vielleicht auch feststellen. Sollte diese Entwicklung jedoch nicht aus einer Eigendynamik heraus entstehen, kann sie nur funktionieren, wenn Menschen bereit sind, sich für sie einzusetzen und andere Menschen dazu einzuladen.
Plumper und verrohter können die Zustände immer werden, dafür muss noch nicht einmal jemand etwas tun. Besser werden sie hingegen nur, wenn jemand dafür zu kämpfen bereit ist, dass sie besser werden. Sich hinstellt und die Dinge so angeht, wie sie ehrlich moralisch und logisch betrachtet vernünftig und richtig sind. So, wie wahre Integrität es verlangt, gelebt zu werden.
Ein Kommentar aus der Reihe Immer wieder sonntags von Frank Ramson, 25.08.2019.